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Nachlass Erbe ausschlagen: Bei Minderjährigen muss Familiengericht Grund prüfen

Immer wieder kommt es vor, dass Kinder gesetzliche Erben der Großeltern oder Urgroßeltern werden.
Immer wieder kommt es vor, dass Kinder gesetzliche Erben der Großeltern oder Urgroßeltern werden.

Quelle: TetraImages/Lewine/gettyimages.de

Liegt zwischen dem Erblasser und seinem gesetzlichen Erben ein großer Altersunterschied und ist dieser Erbe minderjährig, ist entweder die familiäre Situation sehr kompliziert – oder die vorrangig berufenen Erben haben das Erbe ausgeschlagen. Gibt der gesetzliche Vertreter des Kindes dann auch eine Ausschlagungserklärung wegen mutmaßlicher Überschuldung des Nachlasses ab, muss das Familiengericht dies genehmigen. Versagen darf es diese Genehmigung zur Erbausschlagung nur nach Heranziehung der Nachlassakten und weiteren Ermittlungen zu den Gründen erfolgter Erbenausschlagung. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken.

Der Fall: Familiengericht lehnt Erbausschlagung ab

Die allein sorgeberechtigte Mutter des Kindes schlägt als gesetzliche Vertreterin die Erbschaft für das Kind aus, nachdem es Erbe der Urgroßmutter geworden ist. Zudem beantragt sie die familiengerichtliche Genehmigung für die Erbausschlagung. Das Familiengericht versagt die beantragte Genehmigung, nachdem es schriftlicher Auskünfte vom zuständigen Nachlass-, Vollstreckungs- und Insolvenzgericht sowie vom Sozial- und Grundbuchamt eingeholt hat.

Nach dessen Ansicht ist eine Überschuldung des Nachlasses nicht festzustellen: Die Erblasserin hat weder Sozialleistungen erhalten noch ist sie im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Sie hinterlässt vielmehr eine Mitbeteiligung an lastenfreiem Grundbesitz. Die Mutter argumentiert dagegen, dass der Nachlass derzeit nicht betragsmäßig zu beziffern ist. Es ist lediglich ein Anwesen vorhanden, welches jedoch baufällig ist und grundsaniert werden muss, so dass dem Nachlass kein objektiver Wert zugemessen werden kann. Die Erbschaft ist deshalb nicht wirtschaftlich vorteilhaft.

OLG: Das Familiengericht muss selbst Nachforschungen anstellen …

Das OLG Zweibrücken folgt der Ansicht der Mutter: Das Familiengericht ist verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und hierbei sämtliche Umstände zu ermitteln, die ihm eine Prüfung und Gesamtwürdigung der entscheidungserheblichen Umstände ermöglichen. Werden Ermittlungen nicht durchgeführt, zu denen im konkreten Einzelfall Anlass bestanden hätte, ist die richterliche Aufklärungspflicht verletzt.

Eine Erbausschlagung des allein sorgeberechtigten Elternteils für sein minderjähriges Kind ist zu nur genehmigen, wenn sie unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten und der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die Genehmigungsfähigkeit der Ausschlagung hängt in erster Linie, wenn auch nicht allein, von den wirtschaftlichen Interessen des Kindes ab, also vom Bestand des Nachlasses. Sofern ein Nachlass nicht überschuldet ist, wird regelmäßig kein hinreichender Grund für die Erteilung der Genehmigung der Erbausschlagung bestehen.

… insbesondere, wenn schon andere das Erbe ausgeschlagen haben

Das OLG führt aus, dass angesichts des großen Altersunterschieds zwischen der Erblasserin und dem zum gesetzlichen Erben berufenen Antragsteller sich für das Familiengericht aufdrängen musste, dass der Antragsteller diese Erbenstellung nicht unmittelbar von der Erblasserin erlangt haben kann. Es hätte sehen müsse, dass dies deshalb erfolgt sein könnte, weil vorrangig berufene Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben.

Tatsächlich hat nicht nur der Großvater des Kindes als Sohn der Erblasserin, sondern auch sein Vater und eine Vielzahl von weiteren Verwandten die Erbschaft ausgeschlagen. Selbst der minderjährige Halbbruder des Antragstellers hat das Erbe ausgeschlagen; die auch insoweit erforderliche familiengerichtliche Genehmigung ist erfolgt.

OLG: Erbausschlagung ist familienrechtlich zu genehmigen

Das Familiengericht wird deshalb bei diesen Personen, insbesondere beim Kindesvater und dessen Vater nach den Gründen der erfolgten Erbausschlagung nachfragen müssen. Gegebenenfalls wird es des Weiteren dem Einwand des Antragstellers nachzugehen haben, das Anwesen sei baufällig und grundsanierungsbedürftig. Angesichts der gerichtsbekannt niedrigen Verkehrswerte von Immobilien in ländlichen strukturschwachen Gebieten könnte sich daraus ergeben, dass die Immobilie trotz Lastenfreiheit nicht werthaltig ist, sodass die Erbausschlagung trotz des vorhandenen Grundbesitzes dem Kindeswohl dient und deshalb familiengerichtlich zu genehmigen ist.

Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschluss vom 21. Juli 2016 (AZ: 2 WF 81/16).

Quelle: www.dav-erbrecht.de

Michael Buttel Franziska Schön Erwin Brandl Manfred Sasse Siegfried Demmel

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Themen Erbschaft Kinder Eltern Geld Teilen: Versenden Datum 08.12.2016 Autor dpa/red Bewertungen 0 80 0 Lesen Sie auch

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